Im Rollenspiel von vorgestern habe ich gefragt:
Im Bewerbungsgespräch.
Es bewerben sich eine Frau und ein Mann.
Beide wollen nach 2 Jahre Elternzeit wieder als Arbeitnehmer arbeiten.
Der Personalleiter fragt:
„Was haben Sie in den letzten 2 Jahren gemacht?“
Was antwortet die Frau?
Was antwortet der Mann?

Barcelona
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Der Mann antwortet:
„Ich habe ein Buch geschrieben.“
„Ich habe mehrere Artikel in einer Fachzeitschrift veröffentlicht.“
„Ich habe eine Immobilie renoviert.“

Nur ganz selten fällt überhaupt ein Wort über die Kinderbetreuung oder die Hausarbeit. Männer gewichten anders und sehen deshalb auch in der Familienumtütelung nicht ihren Hauptlebenszweck. Der Mann denkt leistungsorientiert, denkt in bezahlten Maßstäben und in dieser Denkwelt kommen Hausarbeit und Kinderbetreuung nicht vor. Deshalb werden sie auch bei Bewerbungsgesprächen selten als „Leistung“ erwähnt.
Fairer Weise muss ich gestehen, dass nur wenige Männern überhaupt zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen und die Antworten von Männern stammen, die max. ein halbes Jahr Elternzeit genommen haben.

Anders die Frau.
Wenn der Personalleiter fragt:
„Was haben Sie in den letzten 2 Jahren gemacht?“
antwortet SIE:
„Gar nichts, ich war zu Hause.“

Diese Antwort ist der Tod.

Warum stellen Frauen in Bewerbungsgesprächen ihr Licht derart unter den Scheffel?

Ich denke es wird Zeit, dass Frauen, die einige Zeit ihre Arbeitskraft in den Dienst ihres Kindes und der Familie gestellt haben , diese Leistung

1. als Leistung sich selbst bewußt machen und

2. sich selber eine Art Arbeitszeugnis dafür ausstellen

Die Leistungen während der Elternzeit und auch noch darüber hinaus müssen in den Slang der Arbeitswelt übersetzen werden.
Dabei ist auf eine positive Formulierung, auf Sachlichkeit und auf Ehrlichkeit zu achten. Aber ein falsch verstandenes Understatement ist hier völlig unangebracht.

Die Beschreibungen könnten lauten:
1. Ich liebe die Herausforderung.
2. Ich achte nicht auf einen 8-StundenTag und arbeite auch am Wochenende
3. Ich koordiniere Termine unter Berücksichtigung unvorhersehbarer Ereignisse.
4. Ich leite erfolgreich Moderationen zwischen Menschen mit absolut widerstreitender Anforderungen
5. Ich bin geübt darin, spontane, fast unmöglich erscheinende Lösungen zu erarbeiten und schnellstmöglich umzusetzen
6. Ich arbeite erfolgreich gleichzeitig an verschiedenen Projekten ohne den jeweiligen Projektfocus aus den Augen zu verlieren.
7. Ich stelle meine eigenen Bedürfnisse zeitweilig selbstverständlich in den Hintergrund, wenn es dem Projekterfolg dient.
8. Ich bin anspruchslos was mein Büro betrifft, benötige aber zuverlässiges Arbeitsmaterial, das auch in Notsituationen einwandfrei funktioniert.

Und

9. Ich bin hoch motiviert und engagiert, denn ich traue mir neben Kindern und Familie noch einen weiteren Job zu.

Ich denke, kein einziger Punkt aus dieser Liste ist gestrunzt oder übertrieben. Und es sind genau diese Anforderungen, die im Arbeitsleben benötigt werden. Ich kann nur empfehlen, diese Berufs- und Lebenserfahrung in jedem Bewerbungsgespräch positiv darzustellen.

Arbeit ist auch Arbeit, wenn sie nicht bezahlt wird!


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Geht es Ihnen beim Lesen so, dass Sie sagen: „Fragen zur Bewerbung nach der Elternzeit hätte ich auch. Wenn ich doch hier einfach mal eine Spezialistin fragen könnte ..ohne viel Aufwand“ – dann paßt vielleicht meine 1HourBeratung ! zu Ihnen.