Die Unternehmerin hat zwar schon ein paar Jahre Beratungserfahrung, fragt sich aber dennoch bei jeder Akquise, wie sie einen verhandlungsfähigen Tagessatz ermittelt. Die Erzieherin und die Finanzmanagerin machen ihr klar, dass sie ’selbst‘ und ’ständig‘ arbeitet und dass sich diese Belastung im Verdienst widerspiegeln sollte.
Die Unternehmerin weiß aber auch, dass der Markt der Höhe des Tagessatzes Grenzen setzt und sie diese nicht überstrapazieren darf.

Die Unternehmerin verhandelt über Tagessätze im Dienstleistungsbereich. (Früher stand auf der Rechnung: „Tagessätze pro Manntag“, heute heißen sie „Tagessätze pro Personentag (PT)“, um feministisch korrekt zu sein :) )

Welche Kosten deckt der Tagessatz eigentlich alle ab?:

A) den Unternehmerlohn
B) die Miete für Büro incl. Nebenkosten, Büroausstattung, Büromaterial
C) die Kosten für Krankenversicherung
D) die Kosten für die Altersvorsorge
E) das Risiko von Verdienstausfällen bei Krankheit
F) das Risiko von Leerlaufzeiten, weil die Unternehmerin keine Aufträge hat
G) Urlaubszeiten
H) Produktionskosten, falls vorhanden

Selbstverständlich hat sich die Finanzmanagerin im Internet umgeschaut, um Vergleichswerte abzufragen. Aber sie hat gelernt, dass sie keine verwertbaren Informationen über die Höhe von Tagessätzen bekommt, denn in der Selbständigkeit gibt es keine Kollegen mehr, sondern nur noch Konkurrenten, die sich hüten werden, echten Zahlen zu veröffentlichen.
Also haben sich die Unternehmerin und die Finanzmanagerin hingesetzt, von der Köchin mit Kaffee versorgt und empfehlen Ihnen, ganz vereinfacht so zu rechnen:

1. Nehmen Sie Ihr letztes Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen

2. Berechnen Sie den Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungskosten an Ihrem Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen =
Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen * ca. 25 %

3. Addieren Sie 1. und 2.: so erhalten Sie das Arbeitgeberbruttoeinkommen (AGB). Soviel gibt Ihr Arbeitgeber für Sie jedes Jahr aus. Das ist also Ihr „Wert“ am AngestelltenMarkt.

4. Durchschnittlich gibt es 220 Arbeitstage für jeden Arbeitnehmer (darin sind Urlaubstage und Feiertage schon berücksichtigt): teilen Sie nun das AGB durch 220.

5. Das Ergebnis ist ein Tagessatz eines Angestellten mit Urlaubsanspruch, Büroarbeitsplatz und Krankheitsabsicherung. Also OHNE Risikoaufschlag für Krankheit und Leerzeiten, Urlaub und Kosten für das Büro. Dieser Tagessatz müssen Sie nun auf die Risiken der Selbständigkeit anpassen.

6. Als ganz grobe Faustregel gilt: teilen Sie Ihr ermitteltes AGB durch 200, damit Ihre Risiken als Selbständige im Tagessatz enthalten sind.

7. Dieser Tagessatz ist nun Ihr Netto-Tagessatz für Ihre selbständige Tätigkeit.

8. Achtung Falle: Ihrem neuen Auftraggeber müssen Sie jedoch den BruttoTagessatz anbieten: heißt, wenn Ihre Arbeitsleistung umsatzsteuerpflichtig ist, müssen Sie auf den Netto-Tagessatz 19% Umsatzsteuer hinzu rechnen.

Tip: gewöhnen Sie sich an, nur den Bruttotagessatz zu nennen. Schnell haben Sie sonst in der ersten Aufregung den Nettotagessatz kommuniziert und den wichtigen Zusatz: „Netto“ vergessen. Das kann teuer werden.

ACHTUNG:
Dieser Tagessatz ist das absolute Minimum, dass Sie bei Ihren Verhandlungen erzielen müssen. Liegt Ihr verhandelter Tagessatz darunter, dann liegt das ganze Risiko auf Ihrer Seite und Sie stellen sich schlechter als ein Arbeitnehmer.