Meine Umfrage auf dem FemmesBusinessTag hat unerwartete und interessante Ergebnisse gebracht.

Heart !
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30 selbständige Unternehmerinnen habe ich nach ihren Erfahrungen und Hintergründen ihrer Existenzgründung befragt.
Die Befragung habe ich im Interviewstil durchgeführt, so dass Raum und Zeit für ausführliche Antworten sichergestellt war. Viele Frauen haben erfreulicherweise auch regen Gebrauch davon gemacht, so dass ich ein breites Spektrum an Erfahrungen aufgreifen durfte.

Gesellschaftsform
Bei der Frage nach der Gesellschaftsform ihres Unternehmens herrschte große Unsicherheit. Für die Mehrzahl der Frauen ist die Rechtsform ihrer Selbständigkeit offensichtlich nebensächlich. Befragt nach GmbH oder GbR, Freiberufler oder OHG war bei 70% der Befragten die erste Reaktion: „Ich bin selbständig.“ Dass dieser Selbständigkeit auch immer ein steuerliches und handelsrechtliches Subjekt bildet, steht für Frauen nicht im Fokus ihrer Tätigkeit und wird auch nicht bewußt als Aushängeschild eingesetzt. Keine Frau würde bewußt eine GmbH gründen nur um damit am Markt offensiver als Unternehmen auftreten zu können.
Unter Vorbehalt ergibt meine Auswertung der Gesellschaftsform, dass 70% der Frauen Freiberufler sind, 14% sind als GbR eingetragen und 16% kennen ihre Gesellschaftsform definitiv nicht.

Anzahl Mitarbeiter
Alle Befragten (100%) arbeiten selber in ihrem Unternehmen mit und haben maximal 1 Mitarbeiter. Keine der Frauen plant bewußt eine deutliche Expansion ihres Unternehmens, ein Franchisekonzept für ihren Beratungsansatz oder eine Erweiterung ihrer Behandlungsräume.

Selbständig seit
Die meisten befragten Frauen (57%) sind schon seit 5 Jahren und länger selbständig. 28% haben innerhalb des letzten Jahres neu gegründet und 15% der Unternehmerinnen betreiben ihre Selbständigkeit seit mehr als 2 Jahren.

Interpretation der Umfrage:
Es zeigt sich wieder ganz deutlich, dass Frauen sich schwerpunktmäßig als Freiberuflerinnen selbständig machen mit wenigen Mitarbeitern, mit wenig Gründungskapital, mit wenig Eigenkapitalbindung, mit viel persönlichem Einsatz und somit auch mit einer großen Unabhängigkeit.
Frauen nutzen ihre Unternehmen zur Selbstverwirklichung ihrer Träume und Ideen, möchten erfolgreich sein, aber nicht um jeden Preis.

Expansion, Delegation von Führungsaufgaben und steigende Gewinnabschöpfungen sind nicht so wichtig wie die nachhaltige Zufriedenheit mit der eigenen Tätigkeit.

Durch Männer bei der Gründung behindert?
Im Interview wollte ich wissen, ob die befragten Frauen bei ihrem Weg in die Selbständigkeit von Männern behindert wurden.
Die Art der Antworten war sehr emotional und vielfältig. Die einzelnen Geschichten für sich zeigen die Vielschichtigkeit der Erlebnisse und auch die teifgreifenden Konsequenzen.
50% der Frauen fühlten sich nicht durch Männer behindert. Sie fühlten sich jedoch auch nicht bewußt unterstützt.
Auffallenden 38% der Gründerinnen fühlen sich durch Männer behindert, gestoppt, bewußt ausgebremst. Beispiele sind die Ablehnung des Businessplans, Ablehnung der Eröffnung eines Geschäftskontos, Einengung durch den Lebenspartner. Alle diese Dinge wurden erfolgreich abgewickelt, als sich eine weibliche Mitarbeiterin um die Belange kümmerte.
Die Frauen hatten den Eindruck, von ihrem männlichen Gegenüber in eine Rolle gedrängt zu werden und gar nicht als gleichberechtigte Unternehmerin wahr genommen zu werden.
Alle Frauen jedoch haben erfolgreich gegen die männliche Ablehnung revoltiert und haben sich selbständig gemacht.
12% der Frauen haben sich dabei sogar von ihrem Lebenspartner getrennt.

Durch das Business selbstbewußter geworden?
Beeindruckende 72% aller befragten Frauen geben an, dass sie durch ihr Business selbstbewußter geworden seien.
Das zeige sich auch im Privaten. Das zeige sich im Umgang mit Kunden, im Umgang mit der Familie, im Umgang mit dem Lebenspartner.
12% der Frauen berichten, dass ihre Lebenspartner mit dem neugewonnenen Selbstbewußtsein nicht umgehen können.

Knapp ein Drittel der Frauen (28%) war immer schon selbstbewußt und hat sich auch nur deshalb die Gründung eines Unternehmens zugetraut.

Die Frauen halten allgemein ihr Selbstbewußtsein für eines ihrer Erfolgsfaktoren.

Durch Kinder und Haushalt zusätzlich belastet?
Knapp 2/3 aller Frauen fühlen sich durch Haushalt und Familie über die Maßen zusätzlich zu ihrem Business belastet. Sie sind permanent im zeitlichen Spagat zwischen Auftragsabwicklung und Familienterminen und haben häufig ein schlechtes Gewissen. Sowohl ihren Kunden wie auch ihrer Familie gegenüber.
Gerne würden sie von dem Druck etwas abgegeben, haben aber häufig nicht die Unterstützungsmöglichkeiten durch den Partner oder Großeltern.
Dennoch halten die Frauen ihre Selbständigkeit für den einzig gangbaren Weg Familie und Beruf zu verbinden. Keine der befragten Frauen wollte ihre Selbständigkeit oder ihre Kinder aufgeben.

Hingegen 36% der Frauen fühlen sich durch die zusätzlichen Aufgaben im Haushalt und in der Familie nicht oder nur wenig belastet. Die Aufgaben seien zwischen den Familienmitgliedern aufgeteilt, die Aufteilung funktioniere reibungslos und der Freiraum für den Beruf sei gegeben.

Interpretation der Umfrage
Berufstätige Frauen müssen immer noch die Hauptlast tragen, tun das aber als Selbständige aber in dem Bewußtsein, dass ihr Weg der richtige ist. Frauen wünschen sich nach wie vor mehr Unterstützung durch ihre Partner, die jedoch meist selber voll berufstätig sind.
Doch trotz dieser vielen Aufgaben erleben sich Frauen als selbstbewußt und würden den Weg in die eigene Unternehmensgründung immer wieder gehen, allen Hemmnissen zum Trotz.

Es zeigt sich wieder einmal, dass Frauen erfolgreich selbständig sind, denn sie ziehen ihre innere Balance aus der Zufriedenheit mit ihrer Tätigkeit, aus der Empathie mit ihren Kunden und aus ihrem Selbstbewußtsein.
In meiner Umfrage habe ich die viel zitierte „Frauenpower“ hautnah erleben dürfen. Ich habe aber auch erfahren, dass es wehtut, wenn die Power einmal nachläßt. Frauen täten gut daran, häufiger als Unternehmerinnen zu denken und nicht als Harmoniewesen, häufiger zu delegieren und sich häufiger Unternehmensziele zu setzen, um ihre Power nachhaltig und erfolgreich zu erhalten.