Das Rollenspiel von vorgestern lautete:
Sieben Menschen betreten ein Restaurant.
6 Kollegen und 1 Geschäftspartner.
3 sind Frauen.
4 sind Männer, davon 1 Chef und 1 Geschäftspartner.
Der reservierte Tisch ist rechteckig und hat jeweils einen Platz vor Kopf und jeweils 3 Sitzplätze an jeder Seite.

Jo étvágyat!
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Wer setzt sich zuerst?
Wer setzt sich wohin?

Das ist eines der Rollenspiele, bei denen es zu Tumulten kommen kann oder bei dem alle Beteiligten wie angewurzelt stehen bleiben.
Um das Spiel zu beginnen, muss man die Grundregel im Geschäftsleben kennen, die lautet:
HIERARCHIE vor GESCHLECHT.

Solange also der hierarchisch höchste nicht von der Grundregel abweicht, kann man ganz gelassen warten bis man mit dem Hinsetzen an der Reihe ist.

Der Chef sucht sich als erster seinen Platz, am besten in der Mitte an der langen Seite des Tisches (bei alteingessenen Familienunternehmen kommt es auch vor, dass der Chef an der Stirnseite des Tisches sitzt).
Die Mitte des Tisches ist aber heute psychologisch sehr beliebt, weil der Chef dadurch mittendrin sitzt, auf Tuchfühlung mit seinen Mitarbeitern und nicht so patriarchisch wirkt.
Da der Chef aber einen Geschäftspartner mit dabei hat, wird er sich nicht zu erst setzen, sondern ERST dem Geschäftspartner den Platz rechts neben sich anbieten, warten, bis der Geschäftspartner sitzt und sich dann erst selber setzen.
Auch wenn der Chef eine Frau ist, wartet sie, bis der männliche Geschäftspartner sitzt.
(Und jetzt kann es kompliziert werden.
Denn der Geschäftspartner fühlt sich als Gentleman und bietet selbstverständlich erst der Dame den Platz an und wartet bis diese sich gesetzt hat.
Die Frau hingegen als Chef wartet bis der Geschäftspartner sich gesetzt hat: so kommt man nie zum Essen!
Lösung: Da der Geschäftspartner der Gast ist, sollte die ChefFrau in diesem Falle sich zuerst setzen und die Höflichkeit des Gastes damit annehmen.)

Erst wenn der Chef und sein Gast sitzen, setzen sich alle anderen Mitarbeiter nach Hierarchie oder, wenn es unter ihnen keine Hierarchie gibt, dann möglichst alle gleichzeitig. Das Hinsetzen der Mitarbeiter darf nicht so lange dauern, damit Chef und Gast nicht zu lange auf die Menükarte und die Getränkebestellung warten müssen.

Kompliziert wird es, wenn es in dieser Abteilung oder im ganzen Unternehmen angeblich keine MitarbeiterHierarchie herrscht. Häufig in IT- oder Werbefirmen oder auch in kleinen Unternehmen anzutreffen. Alle duzen sich und gehen locker miteinander um, Jeans sind erlaubt und man kennt sich eben.
Aber es gibt natürlich eine Hierarchie, auch wenn es keiner wahrhaben will. Natürlich gibt es einen Chef, natürlich gibt es einen Mitarbeiter, der Entscheidungen trifft.
Lösung: Ich kann nur empfehlen, sich im Restaurant oder im Meeting dieser unausgesprochenen Hierarchie zu fügen und sich nicht als erster zu setzen, solange der Chef noch steht. Es ist oft erstaunlich, wie chefig hierarchielose Chefs plötzlich werden können, wenn man ihnen Statusprivilegien wegnimmt.
Weibliche Führungskräfte legen interessanter Weise mehr Wert auf diese hierarischen Statussymbole als Männer und achten genau darauf, dass aus dem Verhalten der Mitarbeiter genau hervorgeht, wer der Chef ist und wer nicht.
Und da Frauen sich Ereignisse über Jahre hinweg abspeichern, um sie irgendwann wieder ausgraben und verwenden zu können („damals hast Du aber gesagt…“), ist es hilfreich für die eigene Positionierung, wenn man die Sitzordnung einhält!!

Die Unternehmerin hat es in diesem Fall glücklicherweise leicht: sie ist häufig der Geschäftspartner und wartet einfach, bis man ihr einen Platz anbietet…:-)