Karriereberatung: 7 Berufe prägen eine Frau
Vor einiger Zeit habe ich eine Aussage eines Geschäftsführer gelesen, der meinte, Karriere sei nur ohne Kinder möglich. Er arbeite 60-70 Stunden in der Woche und könne nicht noch zusätzlich die Verantwortung für Kinder übernehmen. Die Entscheidung für oder gegen Kinder müsse zu Beginn der Karriere getroffen werden.
photo credit: Phil McElhinney
Die Unternehmerin ist überhaupt und ganz und gar nicht dieser Meinung.
Ich selber habe auch vor dieser Entscheidung gestanden und habe mich bewußt FÜR Kinder entschieden.
1. Es gibt keinen festen Zeitpunkt, an dem man sich entscheiden muss. Weder für die Karriere noch für die Kinder.
Manchmal korreliert es mit beruflichen Veränderungen oder einem Umzug, aber wie und wo bitte kann man den ‚den Beginn der Karriere‘ definieren? Das weiß man doch erst hinter her, ob die berufliche Entwicklung eine Karriere war oder nicht. Wer also glaubt, man stehe morgens auf und sagt sich: ‚So, heute beginne ich meine Karriere und ich entscheide mich gegen Kinder.‘ , der muss noch viele Enttäuschungen hinnehmen.
Natürlich gibt es Entscheidungshilfen:
Kann ich mir Kinder finanziell leisten?
Würde ich wegen der Kindern auf mein Caprio verzichten?
Kann ich mir eine größere Wohnung leisten?
Bin ich bereit mein Arbeitszimmer für ein Kinderzimmer zu opfern?
Kann ich in meinem Beruf eine kurze Pause einlegen?
Ziehen mein Partner und ich am selben Strang?
Werden alle Fragen mit NEIN beantwortet, dann ist man entweder wirklich noch nicht reif für Kinder oder man ist vielleicht ein Egoist.
2. Vielen Managern würde es gut tun, wenn sie Erfahrungen mit Kindern hätten.
Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass Karriere nur MIT Kindern möglich ist. Es würde das Sozialverhalten der Manager prägen und sich positiv auf ihre Mitarbeiterführung auswirken. Was ist von einem Geschäftsführer zu halten, der Verantwortung von sich weist? Ist er nicht genau deswegen Geschäftsführer geworden, eben weil er bereit ist Verantwortung zu übernehmen?
Natürlich übernimmt man Verantwortung für Kinder, aber diese erwächst ja aus dem täglichen Miteinander und muss nicht wie ein Personalgespräch geplant und kommuniziert werden. Diese Verantwortung kommt aus dem Herzen und benötigt keine freien slots im Terminkalender.
3. Kinder brauchen Zeit mit ihren Eltern.
Diese Zeit muss man sich nehmen, egal als was oder warum man 60 Stunden in der Woche mit etwas anderem beschäftigt ist. Und gerade dieses Abwägen zwischen den Verantwortungsbereichen macht das Leben so sinnvoll und abwechslungsreich. Es ist anstrengend, und manchmal auch nicht zu leisten und es ist eine Gradwanderung zwischen Kinderbedürfnissen und Arbeit, aber es ist ein Gewinn für einen selbst, für den Beruf, für die Selbständigkeit der Kinder und für das Sozialverhalten.
4. Irgendwann sind die 60-Stunden in der Woche vorbei, irgendwann wird man nicht mehr gebraucht als Geschäftsführer, und dann?
Die gestiegenen Umsätze in der Tiernahrungsindustrie sprechen eine deutliche Sprache. Das Ersatzkind TIER wird immer attraktiver. Dabei wird deutlich, dass auch der Geschäftsführer eine emotionale Bindung sucht, aber leider eine, die ihn in seinem ich-Bezug nicht stört.
5. Ich arbeite viel und ich habe viele Kinder:
es funktioniert gut, weil die Kinder auch selber Verantwortung übernehmen und keine verhätschelten Despoten geworden sind. Arbeitsteilung zwischen allen Familienmitgliedern, das Vertrauen in- und zueinander, der Mut zur sozialen Verantwortung und dem gesellschaftlichen Fortbestand machen es möglich!
Plädoyer ENDE! :-)
Micha
20. Mai 2010 um 11:50 Uhr
Das kann ich nur unterschreiben!
.-= Micha´s last blog ..Müsli =-.
Sylvia
20. Mai 2010 um 18:17 Uhr
Es wäre schön, wenn es so wäre, und ich unterschreibe das als Plädoyer sofort.
Leider kenne ich genug Managertypen, die darüber nur müde lächeln würden. Wenn sie Kinder haben und aus der Generation Ü50 stammen, dann haben sie in der Regel eine Hausfrau daheim (ohne Wertung – ich meine schlicht, eine Frau, die die komplette Familien- und Hausarbeit zu 100 % erledigt). Oder die teilzeitarbeitende Ehefrau reibt sich auf, um dem Gatten den Rücken frei zu halten….Selbst aus meiner Generation gibt es noch solche Dinosaurier, die sich damit brüsten, noch nie eine Windel gewechselt zu haben. Bei denen fördert ein Kind gar nichts in der Persönlichkeit :-(, denn Kinder fallen nur in die Reihe „mein Haus, mein Auto, mein intelligentes Vorzeigekind“.
Leider steht die Entscheidung für oder gegen ein (erstes) Kind oft genau dann an, wenn sich der erste oder zweite Karrieresprung anbahnt, zwischen Ende 20 und Ende 30. Daher finde ich die Entscheidung wirklich sehr schwer. Denn als jemand, der ganz kleine Kinder so wenig wie möglich fremdbetreuen lassen möchte, ist der Weg in die heute noch immer übliche (weil männerdominierte) 60-Wochenstunden-Karriere nicht möglich. Ich hätte allerdings auch nie einen Mann geheiratet, der für sich eine 60-Stunden-Karriere anstrebt, denn so einen abwesenden Vater wollte ich für meine Kinder nie, das hatte ich selbst :-/
Ich wünsche mir, dass junge Männer erkennen, welches Potential im Kindergroßziehen steckt. Und ich hoffe, dass ich meinen Kindern vermittle, dass es im Leben Phasen gibt: wer sagt denn, dass man/frau nicht auch noch mit 40 eine gute Karriere machen kann, sofern eine solide Ausbildung vorhanden ist und man sich noch nie ganz aus dem Denken (!) der Arbeitswelt verabschiedet hat ?
Ich beobachte auch mit Sorge, dass der Trend zum Luxuseinzelkind mit Golden Retriever geht – oder gleich nur zum Luxushund. Das hat etwas von „Familie light“. Ich verstehe die Gründe dafür in der Regel absolut, aber gesellschaftlich betrachtet ist es bedenklich, dass man heutzutage schon beim zweiten Kind aus der Norm fällt (und ab dem dritten natürlich vollkommen in untere Schubladen sortiert wird *g*).
.-= Sylvia´s last blog ..Zusage ! =-.
Petra
20. Mai 2010 um 18:32 Uhr
ja, diese Managertypen kenne ich natürlich auch, weiblich wie männlicher Art. Da kann man nur hoffen, dass das AuPAirMädchen nett und liebevoll ist. Es gibt leider auch viele 60-Stunden-Arbeiter, die sich selber vormachen, es ginge ja nicht anders. Und es geht immer anders! Viele Grüße aus der aller untersten Schublade :-)
AnJu
20. Mai 2010 um 19:27 Uhr
Ist doch eigentlich ganz gut, dass er sich keine Kinder anschafft, wenn er 60 Stunden arbeitet. Dann lieber keine Kinder, statt ihnen einen ständig abwesenden Vater an zu tun. Andererseits ist es fraglich, ob man nur Karriere machen kann, wenn man 60 Stunden die Woche arbeitet. Ich hatte mal eine Diskussion mit einer Unternehmensberaterin, die mir von ihren ach-so-tollen Leben erzählt hat, mit 5 Nächten im Hotel und 80 Stunden Arbeit jede Woche. Ich hab sie dann gefragt, warum sie das macht und ob sie es auch für das halbe Geld machen würde, bzw. ob sie es nicht vernünftiger fände, wenn jeweils für das halbe Geld zwei Leute eingestellt würden. So richtig verstanden hat sie das nicht. Eine andere Freundin von mir, zu dem Zeitpunkt ebenfalls Unternehmensberaterin, hat ihren Arbeitstag auf 10 Stunden täglich begrenzt und sich das Wochenende frei gehalten. Einer ihrer Projektleiter hat sie mal darauf angesprochen. Dem hat sie gesagt, dass sie der Meinung ist, dass das geht, wenn man vernünftig plant. Und gerade mit Kindern plant man besser. Wenn ich daran denke, wieviel Zeit ich früher im Büro verplempert habe um dann hinterher noch dringende Sachen zuhause fertig zu machen. Das mache ich jetzt nicht mehr. Ich arbeite konzentrierter im Büro, damit die Freizeit wirklich Freizeit bleibt.
AnJu
20. Mai 2010 um 20:13 Uhr
Vielleicht bereut er es aber auch, wenn er alt ist und feststellt, dass ihn seine Karriere nicht im Altenheim besucht. Ich habe mal eine Reportage gesehen, wo es um Kinder ja oder nein ging. Da wurde unter anderem ein Ehepaar Mitte 50 gezeigt, die sich bewusst gegen Kinder entschieden hatten zugunsten von Karriere und Freizeitaktivitäten, auf die sie nicht verzichten wollten. Die saßen dann mit Mitte 50 da und erzählten ziemlich aufgeräumt und sehr ernsthaft, dass sie sich ziemlich sicher sind, in dem Punkt einen Fehler gemacht zu haben. Zum einen, weil sich die Freizeitaktivitäten ändern, weil sich die Interessen verändern und die Freunde, die man früher abends zum Weintrinken getroffen hat, Kinder haben. Und auch wenn man mit kleinen Kindern (vermeintlich) nichts anfangen kann, fehlt einem spätestens dann was, wenn die Kinder der Bekannten ein Alter erreicht haben, wo sie selbständiger und selbstbestimmer sind. Das fand ich sehr beeindruckend diese Menschen zu sehen, die es so bitter bereut haben, sich gegen Kinder entschieden zu haben und darüber auch so offen geredet haben. Es gibt eben Entscheidungen, die einem mit Mitte dreißig plausibel erscheinen und später nicht mehr rückgängig zu machen sind.
Frische Brise
21. Mai 2010 um 08:54 Uhr
Leider ist es immernoch nicht bis ganz nach oben vorgedrungen: Mütter sind belastbar und multitaskingfähig.
Klar wird zu Hause auch mal ein Kind krank, aber wenn Mama auf der Arbeitsstelle ist, arbeitet sie effektiv und zügig, so finde ich.
Denn wenn man etwas in der Elternzeit lernt, dann organisieren!
.-= Frische Brise´s last blog ..Momblog.de – Glücklich mit wenig Geld =-.
Sylvia
21. Mai 2010 um 09:02 Uhr
@ Frische Brise: Genau so ist es, das ist wohl auch längst durch einschlägige Studien nachgewiesen, wenn ich mich nicht irre.
Allerdings fehlt gerade denen, die über die Berufslaufbahn ihrer Angestellten entscheiden, diese Erfahrung allzu oft. Ich selbst habe nach der Geburt meiner Ältesten einen riesigen „Gesundheitsschub“ gemacht und bin heute sicher belastbarer und viel besser organisiert als vor 15 Jahren. Wenn nicht einmal man selbst an die Synergieeffekte als Mutter/Vater (!) so richtig glauben kann, wie soll das dann bei den Chefs ankommen ?
Falls ich einmal „groß“ genug bin und Angestellte habe (wobei ich noch gar nicht weiß, ob dies das Ziel ist), dann wird daraus ein reiner Frauenladen *g*. Und wenn ganz viele Frauen so denken, werden unsere Kinder vielleicht einmal tatsächlich wunderbare Bedingungen zur Vereinbarung von Familie und Beruf vorfinden *hoff*.
.-= Sylvia´s last blog ..Zusage ! =-.