„Ich mache mich selbständig“: das ist so leicht dahin gesagt, aber das bedeutet nun auch, dass Du ’selbst‘ und ’ständig‘ arbeiten mußt. Diese Belastung soll sich natürlich im Verdienst widerspiegeln.

Die Unternehmerin verhandelt Tagessätze oder Projektpauschalen.

Lieber jedoch Tagessätze, da das Risiko des SichVertuns bei der Projektlaufzeit dann nicht alleine bei der Unternehmerin liegt.

Besonders wenn man neu im Geschäft ist hat man natürlich Angst einen zu niedrigen Tagessatz im Brachenvergleich zu verhandeln.

Aber auch hier rate ich zur Gelassenheit: wenn der Tagessatz keinen Verlust bringt, dann wiegt die Mundpropaganda aus einem erfolgreichen ersten Auftrag mit Sicherheit den zu niedrigen Tagessatz wieder auf.

Früher vereinbarte man Tagessätze pro Manntag, heute heißen sie Tagessätze pro Personentag (PT), um feministisch korrekt zu sein. Ich finde das affig, und berechne nach wie vor meine Tagessätze je Manntag (MT).

Der Tagessatz muss beeinhalten:

A) Deinen ‚Lohn‘
B) Deine Fixkosten (Miete für Büro etc)
C) die Kosten für Krankenversicherung
D) die Kosten für die Alterssicherung
E) das Risiko von Verdienstausfällen bei Krankheit
F) das Risiko von Leerlaufzeiten, weil Du keine Aufträge hast

Wenn Du keine Vergleichswerte von Kollegen hast, kannst Du Deinen Tagessatz selber berechnen:

(Vorsicht bei Vergleichswerten: wenn Du selbständig bist, gibt es keine Kollegen mehr, sondern nur noch Konkurrenten, die sich hüten werden, Dich mit echten Zahlen zu versorgen)

1. Nimm Dein letztes Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen

2. berechne den Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungskosten an Deinem Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen =
Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen * 27,5 %

3. Addiere 1. und 2.: nun hast Du das Arbeitgeberbruttoeinkommen (AGB) und weißt, wieviel Dein Arbeitgeber aktuell für Dich ausgibt

4. Durchschnittlich gibt es 220 Arbeitstage für jeden Arbeitnehmer (darin sind Urlaubstage und Feiertage schon berücksichtigt): teile nun das AGB durch 220.

5. Das Ergebnis ist Dein Tagessatz ohne Risikoaufschlag für Krankheit und Leerzeiten.

6. Als Faustregel gilt: teile das AGB durch 200 statt üblicherweise 220 mögliche Arbeitstage, damit Deine Risiken als Selbständige im Tagessatz enthalten sind. Dann hast Du 20 Tage Puffer eingerechnet.

7. Dieser Tagessatz ist Dein Netto-Tagessatz.

8. Deinem neuen Auftraggeber mußt Du jedoch den BruttoTagessatz anbieten: wenn Deine Arbeitsleistung umsatzsteuerpflichtig ist, mußt Du noch auf den Netto-Tagessatz die 19% Umsatzsteuer draufrechnen.

Tip: gewöhne Dir an, nur den Bruttotagessatz zu nennen. Das ist schwierig, weil Dich selber ja zur Berechnung Deines Einkommens nur der Nettotagessatz interessiert. Leider passiert es dann allzu schnell, dass Du ein einer Verhandlung spontan den Nettotagessatz nennst und den zusatz: ‚zuzüglich MWST‘ vergißt.

9. Dieser errechnete Tagessatz ist nun Dein erstes Ergebnis, dass Du natürlich je nach Nachfrage heben und senken kannst.

TIP: Wenn Dein Auftraggeber Deinen Tagesatz ohne Verhandlung direkt akzeptiert, war er zu niedrig!

TIP: Dieser Tagessatz ist das Minimum, dass Du bei Deinen Verhandlungen erzielen mußt. Liegt Dein verhandelter Tagessatz darunter, dann liegt das ganze Risiko auf Deiner Seite und Du stellst Dich schlechter als ein Arbeitnehmer.

Zum Beispiel nehmen wir mal an, ein angestellter IT-Mitarbeiter verdiene im Durchschnitt 48.000 EUR Arbeitnehmernettoeinkommen.

Der Arbeitgeberanteil zu den Sozialkosten beträgt: 27,5% * 48.000 EUR = 13.200 EUR.

Der Arbeitgeber zahlt also für den IT-Mitarbeiter ein Arbeitgeberbruttoeinkommen von 61.200 EUR im Jahr.

Geteilt durch 220 Arbeitstage ergibt dies einen Tagessatz von 278 EUR netto.

Der Tagessatz inclusive Risikozuschläge beträgt: 61200 EUR : 200 Arbeitstage = 306 EUR netto.

Diese 306 EUR sind das Minimum, dass der IT-Mitarbeiter als Tagessatz verhandeln muß, damit er sich im Vergleich zu seiner angestellten Tätigkeit nicht schlechter stellt.

Ein Tagessatz ist kein Fixum und kann von Auftrag zu Auftrag variieren und steigt mit der Nachfrage.

Nur Mut!

(auch veröffentlich als Fachbeitrag bei förderland.de: Wissen für Gründer und Unternehmen)