68 EUR reichen für´s Essen, sagen Wissenschaftler der TU Chemnitz. Es wäre leicht in die allgemeine Kritik mit einzustimmen. Aber als bekennender Volkswirt verlinke ich nicht nur die Studie der TU-Chemnitz, sondern lese sie auch.

ANTWERP - TASTY STUFF :-)
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68 EURO für einen erwachsenen Mann ohne Kind klingt vom Bauch her wirklich wenig. Ich mag auch gerne glauben, dass Hundebesitzer für ihren Hund mehr ausgeben, aber das zeigt ja nur um so deutlicher die Schizophrenie im Land.

Die vielzitierten 68 EURO gelten nur für einen erwachsenen Mann. Damit sollen nicht die Probleme von Kinderarmut oder unverschuldet Arbeitslosen vom Tisch gewischt werden. Weder von der Studie noch hier im Beitrag.

Aber wie kommt es zu diesem Ergebnis? Welche Annahmen liegen zugrunde? Welche Frage wurde untersucht? Welcher sozialwissenschaftlicher Ansatz wird verfolgt?

Die Frage der Studie ist: wieviel beträgt die Mindesthöhe an sozialer Sicherung? Unter Berücksichtigung:

  • dass ein Leben geführt werden kann, der der Würde des Menschen entspricht und
  • dass der Bedürftige befähigt wird, wieder aus eigener Kraft von der Sozialhilfe weg zu kommen.

Das ist das wichtige: lt. Sozialstaatsgebot darf und soll die Sozialhilfe nicht dazu führen, dass man von ihr abhängig wird und sich bequem in ihr einrichtet.

Somit soll der Mindestsatz einen satt machen, aber nicht träge. Und das ist mit 68 EUR (ohne Alkohol und Telefon ) knapp zu schaffen. Aber selbst der Maximalsatz (also Obst auch BIO kaufen und Fleisch nicht nur beim Discounter) liegt immer noch 50 EUR unter dem heutigen Regelsatz. Und die Forscher haben nicht irgendwelche Lebensmittelmengen und Zusammensetzungen sich ausgedacht, sondern haben die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation übernommen.

Die nächste Frage: was ist ein ‚würdiges Leben‘? Gehört da zwingend der Alkoholkonsum dazu? Ist es menschenunwürdig zu verlangen, dass man bei wenig Geld nur bei Discountern einkauft? Ist es zumutbar Leitungswasser anstelle von Mineralwasser zu trinken? Ist es mit der Würde vereinbar, wenn man nur einmal im Monat ins Kino gehen kann?

Und wieviel ‚Würde‘ will man bewußt vorenthalten, damit der Anreiz zum Arbeiten nicht verloren geht?

Die Studie untersucht diese Würde in Hinblick auf Sozialhife, also auf staatliche Hilfe für Leute, die nicht arbeiten.

Hier kommt der nächste Knackpunkt. Die Würde unterscheidet sich sicherlich, ob man über unverschuldet Arbeitslose redet oder über Arbeitsunwillige. Der Satz der Sozialleistung ist aber leider für alle gleich.

In der medialen Debatte werden also die Ergebnisse der Studie mit Gerechtigkeits- und Verschuldenskriterien gemessen, die durch Sozialstaat leider gar nicht gelöst und bezahlt werden können.

Ich finde es statthaft, dass man die Verwendung von staatlichen Mitteln hinterfragt und auch in den Mittelpunkt stellt, welche Ziele mit sozialer Grundsicherung erreicht werden sollen. Die Ansätze der Studie sind nachvollziehbar und die Berechnung klar. Die Entrüstung ist gut und notwenig, um die eigenen Ansprüche und die Ansprüche, die Sozialhilfeempfänger gesellschaftlich haben dürfen, zu hinterfragen. Diese soziale Diskussion ist wichtig.

Und das Thema für einen einfachen Blogbeitrag zu umfangreich….:-)

Hier die Details der Studie:

Sozialstaatlich sind die Ziele der sozialen Mindestsicherung so definiert:

Zu diesen Punkten haben die Forscher nun die Kosten evaluiert und einen Mindestsatz und eine Maximalhöhe berechnet.

Besonders die Lebensmittelkosten sind ausführlich dargestellt: der Warenkorb umfaßt ganz normale Nahrungsmittel:

Nun sind die Wissenschaftler die Preise ermittelt und zwar bei ALDI, KAUFLAND und EDEKA. Die Preise stammen allerdings aus 2006 und müßten inflationsbereinigt werden, bevor sie 2008 in deutschen Wochenmagazinen als Maßgröße genannt werden.

Die Minimalkosten an Lebensmitteln wurden aus der Summe der billigsten Preise ermittelt, die Maximalkosten aus dem Durchschnitt der Preise über alle Lebensmittelläden.

So kommen die Finanzforscher zu dem Ergebnis, das Deutschland bewegt: im Minimum benötigt ein erwachsener Mann ohne Kind 132 EUR, im Maximum 278 EUR (Preise 2006). Der aktuelle Regelsatz in der Sozialhilfe beträgt 331 EUR.