Eine Frage, die ich gar nicht so einfach beantworten kann. Wenn ich zu kurz komme, heißt das doch, dass ich auf etwas mir wichtiges verzichte und darunter leide.

Shortish
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Aus vielen Gesprächen kann man das ganz gut an ein paar markanten Punkten festmachen:

Eigene Hobbys: ich übe keine Hobbys aus, für die ich das Haus verlassen muss. Wenn ich abends nach Hause komme gehört meine Zeit meiner Familie. Ich finde es nicht fair, wenn auch am Abend meine Selbstverwirklichung über der Familie stehen würde. Ich gehe nicht zum Sport und singe auch nicht im Chor und spiele auch nicht mehr im Orchester. Das ist zwar schade, aber der Gewinn durch die Zeit mit der Familie wiegt den Verzicht tausendfach auf. Stattdessen lese ich, gestalte den Garten und übe mich im Backen.

Kultur: ich gehe selten ins Theater, kaum in die Oper, nie ins Kino. Das schmerzt mich sehr, da komme ich zu kurz, aber es gibt nur sehr schwer Babysitter für vier Kinder. Langsam fängt es wieder an, dass ich mit Kind1 und 2 ins Theater gehe, aber die Stücke sind dann kindgerecht und eher seicht.

Körperpflege: ich konsumiere keine Dienstleistung zur Verschönerung, für die ich außer Haus gehen muss. Ich gehe nicht ins Sonnenstudio, noch habe ich lange, aufgelegte Fingernägel, noch eine Frisur mit wöchentlichem Nachschneidezwang. Man kann auch ohne das hübsch aussehen und der Gewinn durch die Zeit mit der Familie wiegt den Verzicht tausendfach auf.

Beruf: Wie kann mich erdreisten zu fragen, ob ich zu kurz komme, wo ich mich doch jeden Tag in meinem Beruf selbst verwirklichen darf? Tagsüber wird mir die Sorge um die Kinder vollständig abgenommen und das abendliche NachHauseKommen kann ich flexibel gestalten. Beruflich komme ich ganz und gar nicht zu kurz.

Kinder: Wieso sollte ich mich beschweren, dass ich zu kurz komme, weil die Kinder mich vollständig aufsaugen, wo ich es mir doch selber so ausgesucht habe? Die Kinder sind mir ja nicht aufgezwungen worden, sondern wir haben uns aktiv dafür entschieden. Natürlich verbringe ich die meiste Zeit mit den Kindern oder um die Kinder heraum. Natürlich nimmt die Hausarbeit mehr Zeit in Anspruch, als wenn wir keine Kinder hätten. Natürlich ist manchmal der Akku leer. Aber der Gewinn an Lebensqualität, an Spaß, an Liebe durch die Kinder wiegt doch alles tausendfach wieder auf.

Träume: Ja, ich habe zu wenig Zeit zum Träumen, zum Dasitzen und Nichtstun. Hier komme ich zu kurz, denn ich brauche viel einsamen Freiraum, um mich zu regenerieren. Den habe ich nachts, aber kaum will ich träumen, schlafe ich schon ein. Kaum sitze ich tagsüber einfach nur mal so am Teich, habe ich gleich mindestens zwei Kinder auf dem Schoß. Kaum mache ich mir einen Milchkaffee, habe ich gleich mindestens zwei Kinder, die den Schaum ablöffeln und den Zucker einrühren wollen.

Also ich komme alles in allem zwar vordergründig zu kurz, aber gerne! Man kann nicht Kinder haben und sich dann darüber beschweren, dass man kein SingleLeben mehr führen kann.

Wenn ich mir die Entwicklung der Kinder angucke, habe ich sowieso schneller wieder mehr Zeit für mich als mir lieb ist. :-)

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