Karriereberatung: 7 Berufe prägen eine Frau
„Ich mache mich selbständig“: das ist so leicht entschieden, aber das bedeutet nun auch, dass Du ’selbst‘ und ’ständig‘ arbeiten mußt. Diese Belastung soll sich natürlich im Verdienst widerspiegeln.
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Normalerweise verhandelt man über Tagessätze. Früher vereinbarte man Tagessätze pro Manntag, heute heißen sie Tagessätze pro Personentag (PT), um feministisch korrekt zu sein. Ich finde das affig, und berechne nach wie vor meine Tagessätze je Manntag (MT).
Der Tagessatz muss beeinhalten:
A) Deinen ‚Lohn‘
B) Deine Fixkosten (Miete für Büro etc)
C) die Kosten für Krankenversicherung
D) die Kosten für die Alterssicherung
E) das Risiko von Verdienstausfällen bei Krankheit
F) das Risiko von Leerlaufzeiten, weil Du keine Aufträge hast
Wenn Du keine Vergleichswerte von Kollegen hast, kannst Du Deinen Tagessatz selber berechnen:
(Vorsicht bei Vergleichswerten: wenn Du selbständig bist, gibt es keine Kollegen mehr, sondern nur noch Konkurrenten, die sich hüten werden, Dich mit echten Zahlen zu versorgen)
1. Nimm Dein letztes Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen
2. berechne den Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungskosten an Deinem Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen =
Arbeitnehmerjahresbruttoeinkommen * 27,5 %
3. Addiere 1. und 2.: nun hast Du das Arbeitgeberbruttoeinkommen (AGB) und weißt, wieviel Dein Arbeitgeber aktuell für Dich ausgibt
4. Durchschnittlich gibt es 220 Arbeitstage für jeden Arbeitnehmer (darin sind Urlaubstage und Feiertage schon berücksichtigt): teile nun das AGB durch 220.
5. Das Ergebnis ist Dein Tagessatz ohne Risikoaufschlag für Krankheit und Leerzeiten.
6. Als Faustregel gilt: teile das AGB durch 200, damit Deine Risiken als Selbständige im Tagessatz enthalten sind.
7. Dieser Tagessatz ist Dein Netto-Tagessatz.
8. Deinem neuen Auftraggeber mußt Du jedoch den BruttoTagessatz anbieten: wenn Deine Arbeitsleistung umsatzsteuerpflichtig ist, mußt Du noch auf den Netto-Tagessatz die 19% Umsatzsteuer draufrechnen.
Tip: gewöhne Dir an, nur den Bruttotagessatz zu nennen. Das ist schwierig, weil Dich selber ja zur Berechnung Deines Einkommens nur der Nettotagessatz interessiert. Leider passiert es dann allzu schnell, dass Du ein einer Verhandlung spontan den Nettotagessatz nennst und den zusatz: ‚zuzüglich MWST‘ vergißt.
9. Dieser errechnete Tagessatz ist nun Dein erstes Ergebnis, dass Du natürlich je nach Nachfrage heben und senken kannst.
TIP: Wenn Dein Auftraggeber Deinen Tagesatz ohne Verhandlung direkt akzeptiert, war er zu niedrig!
TIP: Dieser Tagessatz ist das Minimum, dass Du bei Deinen Verhandlungen erzielen mußt. Liegt Dein verhandelter Tagessatz darunter, dann liegt das ganze Risiko auf Deiner Seite und Du stellst Dich schlechter als ein Arbeitnehmer.
Zum Beispiel nehmen wir mal an, ein angestellter IT-Mitarbeiter verdiene im Durchschnitt 48.000 EUR Arbeitnehmernettoeinkommen.
Der Arbeitgeberanteil zu den Sozialkosten beträgt: 27,5% * 48.000 EUR = 13.200 EUR.
Der Arbeitgeber zahlt also für den IT-Mitarbeiter ein Arbeitgeberbruttoeinkommen von 61.200 EUR im Jahr.
Geteilt durch 220 Arbeitstage ergibt dies einen Tagessatz von 278 EUR netto.
Der Tagessatz inclusive Risikozuschläge beträgt: 61200 EUR : 200 Arbeitstage = 306 EUR netto.
Diese 306 EUR sind das Minimum, dass der IT-Mitarbeiter als Tagessatz verhandeln muß, damit er sich im Vergleich zu seiner angestellten Tätigkeit nicht schlechter stellt.
franzek
11. Juni 2010 um 17:25 Uhr
300 EUR sind natürlich viel zu niedrig angesetzt. Gerade im IT-Bereich muss man sich ständig fortbilden und es kommt je nach Tätigkeitsfeld of dazu , dass man für einen Kunden eine wesentlich höhere Einarbeitungszeit in ein neues Themengebiet hat (ggf. um den Auftrag überhaupt erst zu erhalten!), als man letztenendes tätig wird und abrechenen kann.
Ebenso fehlen in der Aufstellung der Zeiten sämtliche Aufwände für Verwaltungsaufgaben, wie bspw. die Buchführung, das Erstellen der Steuererklärungen und anderes. In einer Firma ist dafür üblicherweise jemand abgestellt. Bei der Berechnung des Arbeitnehmer-Nettos fehlen zudem Steierfreiberäge, die man als Selbstständiger gar nicht hat.
Alles unter 60EUR/h ist daher -je nach Qualifikation- unredlich und viel zu niedrig angesetzt – insbesondere, wenn man den o.g. „Arbeitnehmernetto“ (vor Steuern!) erreichen will.
Petra
11. Juni 2010 um 17:45 Uhr
@franzek: Danke für die Hinweise! Die Einarbeitungszeiten gibt man ja häufig nicht im Tagessatz sondern in den kalkulierten Projekttagen weiter. Die beispielhaft errechneten 300 EUR sind wie beschrieben das Minimum, dass man fordern muss. Das dann noch zusätzliche Kosten drauf gerechneten werden müssen ist natürlich vollkommen richtig. Den Steuerfreibeträgen für Arbeitnehmer stehen Vorteile in der Einahmenüberschußrechnung oder der Bilanzierung gegenüber. Ich denke, da sind die Vorteile steuerlich eher auf der Seite der Freiberufler oder Vollkaufleute. Aber das hängt sicherlich vom Einzelfall ab. Ich teile Deine Einschätzung der 60 EUR, aber wir kämpfen auf dem IT Markt gegen 15 EUR die Stunde.